Sergij Bulgakov:
Die Orthodoxie.
Die Lehre der orthodoxen Kirche.
Sophia. Quellen östlicher Theologie. Band 29.
Paulinus Verlag Trier, 4. Auflage 2024.
288 Seiten, ISBN 978-3-7902-1464-2
Der russische Theologe Sergij Bulgakov (1871–1944) zählte in der Zeit vor dem zweiten Weltkrieg wohl zu den engagiertesten Vertretern der ökumenischen Bewegung. Vor allem seine Tätigkeit seit 1925 als Dogmatik-Professor am damals neugegründeten Institut St. Serge in Paris, die ihn zu intensiven Kontakten mit den Theologen anderer Konfessionen führten, hatte zur Folge, dass er es als seine Aufgabe betrachtete, die orthodoxe Sichtweise der Theologie für einen westlichen, nicht orthodoxen Interessentenkreis authentisch zu vermitteln. Die dazu verfassten Beiträge waren lange Zeit nur in russischer, englischer und französischer Sprache zugänglich; 1996 besorgte Thomas Bremer, der Herausgeber dieses Bandes, die erste deutsche Übersetzung, die hier nun – inzwischen leicht überarbeitet – in vierter Auflage vorliegt. Ein Blick in das Inhaltsverzeichnis zeigt, welche Themen damals für das ökumenische Gespräch – und in diesem Zusammenhang besonders für die Identität der Orthodoxie – wichtig waren und es bis heute geblieben sind. Es geht um das Verhältnis von Schrift und Tradition, um den hierarchischen Aufbau der Kirche, ihre Einheit und Heiligkeit, es geht um die Sakramente, Fragen der Mariologie, des Gottesdienstes, der Ikonenverehrung, der Mystik, sowie um Ethik, Wirtschaftsleben und Eschatologie. Dass es Bulgakov (und auch dem Übersetzer) gelungen ist, diese Inhalte für den nichtorthodoxen Interessenten nachvollziehbar herüberzubringen zeigt, dass „Die Orthodoxie“ weiterhin auf großes Interesse stößt. Sie zählt nach wie vor zu den gelungensten Darstellungen des orthodoxen Profils des christlichen Glaubens – ungeachtet aller Weiterentwicklungen, die es auch hier gibt (z. B. Wirtschafts- und Sozialethik, Umwelt- und Schöpfungsthematik) – und die hier nicht erwartet werden können. In vorliegender gut lesbarer Übersetzung sind Bulgakovs Texte und die in ihnen enthaltenen und impliziten Anfragen an die anderen Konfessionen weiterhin wertvoll für das ökumenische Gespräch. (Hanns Sauter)