(aus Rundbrief 2016/2)
Im siebten Stock einer Plattenbauruine am Rand von L’viv/Lemberg hat der ukrainische Künstler Sergij Radkevych (Foto unten) das Pfingstmotiv „Die Niederkunft des Heiligen Geistes“ gestaltet – ein 2,60 x 1.40 m großes Spraybild auf Beton in einer trostlos einsamen Umgebung bei eiskaltem Winterwetter.
Ikonenhaft schematisch, ohne erkennbare Gefühlsregung und Individualität sind die Köpfe der 12 Apostel aufgereiht wie Reisende in einem Zugabteil oder Bus. Es ist, als ob die Feuerzungen, die in der Pfingstperikope die Herabkunft des Geistes anzeigen, die Apostel schon in Bewegung gesetzt haben auf ein Ziel hin, vom dem her sich das Bild eigentlich erst erschließt. Kein verklärender Schein von oben ist zu sehen. Das Pfingstereignis wird vielmehr dort erfahrbar, wo Menschen sich ganz in Dienst nehmen lassen von ihrem Auftrag und sich als geisterfüllte Gemeinde auf den vom Antlitz der Gottesmutter ausgehenden und wie eine Feuersäule leuchtenden Weg des Evangeliums in die Welt gemacht haben. Der von einem inneren Leuchten erfüllte Weg markiert wohl zugleich das Selbstverständnis des Künstlers: Er trägt die byzantinische Formensprache aus dem sakralen Raum in eine unwirtliche und abweisende Welt, in der es kein das Werk beurteilndes Publikum braucht und der Akt des künstlerischen Schaffens für sich steht. Sergij Radkevych: „Das Fertigen einer Ikone ist ein intimer und meditativer Akt. Kein Ort ist für mich dazu besser geeignet als diese nackte Ruine, die mir durch ihre Abgeschiedenheit die Ruhe zum inneren Monolog erlaubt.“
Zum Pfingstbild 2016 siehe auch www.renovabis.de