Ikone Joachim und Anna

Die hier abgebildete Ikone zum Fest der Geburt der Gottesmutter am 8. September (siehe hier) greift auf das apokryphe Protoevangelium des Jakobus zurück, nach dem Anna am Tor den heimkehrenden Joachim erwartet, um ihn über die von Gott verheißene Geburt Marias zu unterrichten. Noch ausführlicher berichtet das Evangelium des Pseudo-Matthäus, Anna sei auf Geheiß des Engels mit ihren Dienerinnen zur „Goldenen Pforte“ am Tempel in Jerusalem geeilt, um dort auf ihren Gatten zu warten.

Die „Goldene Pforte“, die sich als Doppeltoranlage in der Umfassungsmauer der ehemaligen Tempelplattform zum Ölberg hin abhebt, geht nach aktuellem Kenntnisstand auf die frühmuslimische Zeit zurück. Sie war eines der acht Tore Jerusalems. Für die Existenz eines Zugangs vom Kidrontal zum Tempel und die Identifizierung mit der in Apg 3,1-10 erwähnten „Schönen Pforte“ gibt es für die Zeit vor der Zerstörung des Tempels (70 n.Chr.) durch die Römer keine Anhaltspunkte, wohl aber für die byzantinische Zeit, auf die zahlreiche Traditionen und Legenden zurückgehen, die sich um die „Goldene Pforte“ – der Name ist vielleicht dem Gleichklang des griechischen Ausdrucks für „schön“ (hōraia) mit dem lateinischen aurea geschuldet – ranken. Durch dieses Tor soll Jesus nach Jerusalem eingezogen sein (Palmsonntag). Kaiser Herakleios wollte mit der zurückeroberten Kreuzreliquie durch eben dieses Tor im Jahr 630 triumphal in Jerusalem einziehen, was aber der Legende nach erst gelang, als er vom Pferd stieg und die Prachtgewänder ablegte.

Während der Kreuzfahrerzeit wurden die muslimischen Bauten am „Tor der Barmherzigkeit“, wie es in der jüdischen und islamischen Tradition genannt wird, unter Rückgriff auf die byzantinischen Traditionen von den Christen genützt, wobei der Brauch, es nur für die Palmprozession und fallweise am Fest der Kreuzerhöhung zu öffnen, die Legendenbildung beförderte. 1451 wurde es vom osmanischen Sultan Suleiman versiegelt und ein Friedhof vorgeschaltet, um die Rückkehr des Messias zu verhindern (vgl. Ez 44,2). (Gottfried Glaßner OSB)

 

Joachim und Anna am „Goldenen Tor“ des Jerusalemer Tempels als Ikonenmotiv für das Fest Maria Geburt