Die Kongregation der Benediktinerinnen der Anbetung wurde 1851 im Elsass gegründet, die Niederlassung in Wien besteht seit 1903, die österreichische Provinz seit 1923. Das 1930 an der Liebhartstalstraße erworbene Haus präsentiert sich heute als moderne Klosteranlage am Rand des Wienerwalds. Es ist ein Ort des Gebets, aber von Beginn an haben sich die Schwestern auch sozialen Aufgaben gewidmet, vor allem in der Betreuung von Kindern. Dies verbindet die klösterliche Gemeinschaft von Liebhartstal mit dem orthodoxen St. Elisabethkloster in Minsk. Dadurch, dass zwei Schwestern aus Wien die Ikonenmalschule des Klosters in Minsk besuchen konnten, ist nun eine besondere Verbindung zwischen den beiden Gemeinschaften gewachsen, die mit der Kunst des Ikonenschreibens einen neuen spirituellen Schwerpunkt nach Liebhartstal gebracht hat.

Ikonenmalen Liebhartstal
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Sr. Rafaela Kolodziejak, geb. in Katowice (Polen), kam 2004 als ausgebildete Sonder- und Kindergartenpädagogin nach Liebhartstal und legte hier 2012 ihre ewigen Gelübde ab. Neben ihrer Arbeit in der Kindertageseinrichtung des Klosters absolvierte sie an der Phil.-Theol. Hochschule Heiligenkreuz ein Theologiestudium. Zufällig ergab es sich, dass sich Sr. Nadeschda aus dem St. Elisabethkloster wegen eines vierwöchigen Deutschkurses bei den Benediktinerinnen aufhielt, als Sr. Rafaela nach einer Möglichkeit suchte, das im Rahmen ihres Studiums erforderliche pastorale Praktikum zu absolvieren. Warum nicht im ökumenischen Austausch für einen Monat das klösterliche Leben und das vielfältige soziale Engagement der orthodoxen Schwestern in Minsk kennenlernen?

Sie, der die Orthodoxie bisher fremd war, fühlte sich zunächst überfordert von der Fülle, die in den Kirchen des Klosters durch die Ikonen, Fresken und Gottesdienste auf sie einstürmte. Doch bald durfte sie erfahren, dass vor allem die Ikonen auf die Gegenwart Gottes und die Zugehörigkeit der Christen zu den Heiligen hinweisen. Wichtig dafür wurde der Besuch der Ikonenschreibschule. Nach ersten Übungen bot ihr V. Sergej, der Leiter der Schule, an, das Erlernte zu vertiefen. Da der Konvent in Wien nach einem neuen spirituellen Akzent Ausschau hielt, kam die Gelegenheit, den Kontakt nach Minsk zu intensivieren, zur rechten Zeit. Sr. Rafaela konnte zusammen mit Sr. Julia fünf Jahre lang zweimal jährlich für einige Wochen in Minsk Ikonenschreib-Kurse besuchen und diese mit einem Zertifikat abschließen. Der Kontakt zwischen den Klöstern ist weiterhin aufrecht, wenn auch ein für das Jahr 2020 geplanter Fortbildungskurs Corona-bedingt verschoben werden musste.

Josefsikone
Josefsikone, siehe https://www.osb-wien.at/spirituelle-angebote

Seit dem Jahr 2016 besteht nun im Liebhartstal eine kleine Ikonenwerkstatt, die auf wachsendes Interesse stößt. Aufträge kommen hauptsächlich aus dem Freundes- und Bekanntenkreis der Benediktinerinnen oder aus Kontakten, die sich durch die Kinderbetreuungseinrichtungen ergeben; oft sind sie als Geschenke zu Taufen, Hochzeiten oder anderen Anlässen gedacht.

Dass in der Ikonenwerkstatt Interesse an Motiven besteht, die nicht alltäglich sind und dort auch ein eigener Malstil entwickelt wird, zeigt die Ikone von der Bekehrung des hl. Paulus auf der Titelseite dieses Rundbriefs. Die Begegnung mit Christus wirft ihn vom hohen Ross, auf dem er – überzeugt von sich selbst – gesessen war, zurück auf den Boden der Wirklichkeit. In ihm beginnt der Prozess, zu dem er später auch seine Gemeinden immer wieder aufgefordert hat: auf Christus hin zu wachsen (Eph 4,15, Kol 1,20f), der das Licht ist (Joh 8,12; 12,46). „Von diesem LICHT geblendet und somit ganz erfasst ändert Paulus radikal sein Leben. Er kommt aus der Dunkelheit seiner Enge des Gesetzes in das LICHT: in die Weite der Liebe… Heute sind wir vielleicht bereiter denn je, mit den Augen des Herzens zu sehen und zu verstehen, Jesus ist gekommen, um uns die innere Freude zu bringen und die Traurigkeit wegzunehmen, um uns das Licht zu bringen und die Dunkelheit zu vertreiben.“ So Sr. Magdalena Niescioruk, die Priorin der österreichischen Provinz, in ihrer diesjährigen Weihnachtsbotschaft im Blick auf das göttliche Licht der Menschwerdung, das in den Ikonen aufleuchtet.

„Als Benediktinerinnen der Anbetung pflegen wir die tägliche Eucharistische Anbetung. Stellvertretend für viele Menschen bringen wir Lobpreis, Dank- und Bittgebet vor Gott“, ist auf der Homepage des Klosters zu lesen. Und man kann den Schwestern in Liebhartstal – wie übrigens auch den Schwestern des St. Elisabethklosters in Minsk – sogar per Internet die Gebetsanliegen anvertrauen, die man im Herzen trägt.

Für Christen ist Gott Person und als Person Beziehung. Der Mensch kann mit Gott in Beziehung treten, weil der dreifaltige Gott Beziehung ist und mit den Menschen „Auge in Auge“, „von Angesicht zu Angesicht“, „von Mund zu Mund“ spricht (vgl. Ex 33,11; Num 12, 7-8). Die Schwestern verstehen „die tägliche Anbetung vor dem Allerheiligsten Sakrament als Pflegen der intimen Beziehung mit Gott. Da Er das Brot ‚für die ganze Welt‘ geworden ist, bringen wir vor Ihn, im tiefen Vertrauen auf seine Barmherzigkeit, die Anliegen der ganzen Welt.“

Die in der Ikonenwerkstatt der Benediktinerinnen der Anbetung entstandene Ikone, die Josef, Maria und das göttliche Kind in zärtlicher Zuneigung zueinander zeigt, ist eine bemerkenswert originelle Hinführung in das Beziehungsgeschehen, das der Anbetung des im Eucharistischen Brot gegenwärtigen Herrn zugrunde liegt. Papst Franziskus hat ein bis zum 8. Dezember 2021 währendes „Jahr des hl. Josef“ ausgerufen. Die Ikone regt zur Meditation über den unauffälligen Dienst des Ziehvaters Jesu an, der nicht das Rampenlicht sucht und gerade so Gottes heilende Gegenwart in dieser Welt erfahrbar macht. (Hanns Sauter)

Die Abbildungen wurden vom Benediktinerinnenpriorat zur Verfügung gestellt bzw. von seiner Homepage übernommen: https://www.osb-wien.at/spirituelle-angebote

Im Lichtstrahl des Ewigen