Anastasios Kallis:
Mit dem Herzen sehen.
Die Begegnung mit dem Heil in den Ikonen.
(Orthodoxe Perspektiven, Band 12.)
Münster: Theophano Verlag 2016.
320 S, 21 Farbbilder.
€ 24,90
ISBN 978-3451-34877-8

Buchcover
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Mit seinem Ausspruch: „Man sieht nur dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar“, verrät der kleine Prinz im gleichnamigen Werk des Antoine de Saint-Exupery dem Fuchs das Geheimnis, wie es möglich ist, einer Sache näher zu kommen, die in ihrem Kern dem Verstand unzugänglich bleibt: Mit dem Herzen sehen. Über den Weg der Augen des Herzens eine Wirklichkeit erfahrbar zu machen, die der menschliche Verstand mit seinen „gehaltenen Augen“ nie ergründen kann, und diese so abzubilden, dass sie für den Menschen spürbar werden, dazu regen die Ikonen und nach orthodoxem Verständnis auch die Eucharistiefeier an. Der Kirchenraum mit seinen Abbildungen von Engeln, Heiligen und den Szenen der Heilsgeschichte zeigt die himmlische Welt, in deren Gottesdienst die Gläubigen durch die Liturgiefeier einbezogen sind. Ist die Eucharistiefeier ein Abbild der himmlischen Liturgie, so ermöglichen die Ikonen dem Betrachter, sich in das göttliche Heilswerk hineinzubegeben. Ikonen und Liturgie sind daher aufs engste miteinander verbunden. Der erste Teil des Buches, der „Theologie des Schauens“ überschrieben ist, ist ganz dieser Verbundenheit von Ikone und Gottesdienst gewidmet. Die Ostkirche ist dabei einen Weg gegangen, der sowohl in der Antike und als auch in der Bibel tief wurzelt und den die Kirchenväter – vor allem die des Ostens – weiter entwickelt haben. Der Westkirche ist das Bild- und Symboldenken immer fremd geblieben ist. Sie hat zwar die Entscheidung des Konzils von 787 über die Bilderlehre mitgetragen, aber nie mit dem Herzen vollzogen, wie der Verlauf der Geschichte zeigt. Allerdings ist es auch im Osten nicht immer gelungen, Ikonen zu malen, die der Bibel und der Tradition der Väter standhalten, je mehr sich aber der Ikonenmaler in die Heilsgeschichte vertieft, umso besser kann er sie auch darstellen. Der zweite Teil „Im Schauen begegnen“ zeigt an neun Beispielen wie Ikonen in den Glauben einführen und dazu anleiten „mit dem Herzen zu sehen“. An erster Stelle steht die Ikone der Dreieinigkeit, die zu dem hinführt, was das Christentum von allen anderen Religionen unterscheidet, den Glauben an den dreieinen Gott. Auffallender weise wird die Pantokrator-Ikone weder in diesem, noch in einem anderen Zusammenhang nicht eigens behandelt. Die Ikonen der Menschwerdung Gottes (Marienikonen, Weihnachten) laden ein, das Geheimnis des göttlichen Heilswillens zu ergründen. Die Ikonen der Taufe, der Verklärung, der Kreuzigung und der Auferstehung Jesu, seiner Aufnahme in den Himmel und die Pfingstikone) sprechen – tiefer gesehen – über die durch Jesus ermöglichte Neuwerdung des Menschen und die Deesis-Ikone über die dem Menschen eingegebene Hoffnung auf Gott und seine Zukunft.

Anliegen des Verfassers ist es, dem weithin erwachten Interesse an Ikonen das geistliche Fundament zu vermitteln. Ihm gelingt es beeindruckend, die Bezüge der Ikonen zu Bibel und Gottesdienst, zu Kirchen- und Geistesgeschichte herauszuarbeiten – was allerdings eine eher akademisch gebildete Leserschaft voraussetzt – und mit all diesem Faktenwissen den Weg in die spirituelle Tiefe zu zeigen. Mögen sich viele, die mit dem Herzen sehen wollen, hier anschließen! (Hanns Sauter)

Buchbesprechung: „Mit dem Herzen sehen”