Als junge Studenten des Collegium Germanicum Hungaricum in Rom machten Albert Rauch und Nikolaus Wyrwoll im Jahr 1960 eine dreimonatige Studienreise in Griechenland, die sie auch nach Konstantinopel führte, wo sie mit Patriarch Athenagoras die Insel Chalki/Heybeliada besuchten. Damals reifte der Plan, sich dafür einzusetzen, dass orthodoxe Studenten an katholischen theologischen Fakultäten studieren können. Tatsächlich erhielt Wyrwoll, der 1962, im Jahr, in dem er am 7. Oktober, kurz vor der Eröffnung des II. Vatikanums am 11. Oktober, zum Priester geweiht worden war, von Kardinal Ottaviani ein Schreiben, das er den orthodoxen Autoritäten überbringen sollte und das Studenten aus anderen christlichen Kirchen die Möglichkeit eröffnete, katholische akademische Grade zu erwerben. Prälat Wyrwoll, der vor allem mit und seit der Gründung des Ostkirchlichen Instituts Regensburg (1967) vielen orthodoxen Theologen den Weg zum Studium in Deutschland ebnete, berichtet darüber im St. Georgs-Blatt vom November 2022 – er beging im St. Georgs-Kolleg, seinem Alterssitz in Istanbul, sein 60-jähriges Priesterjubiläum, zu dem sich überraschend auch Patriarch Bartholomaios als Gast einstellte.

Istanbul 2022
Die Insel Chalki / Heybeliada mit den Gebäuden der Orthodoxen Akademie vom Meer aus. – Foto: Stift Nonnberg / Archiv

Die 1971 von den türkischen Behörden geschlossene Theologische Akademie auf der Prinzeninsel Chalki war auch eine der Stationen der Pro Oriente-Reise vom 30.9. bis 3.10.2022. Man überlegte, wie man die bislang vergeblichen Bemühungen des Ökumenischen Patriarchats um die Wiedereröffnung von Seminar und Theologischer Akademie unterstützen könnte, an der viele berühmte orthodoxe Theologen studiert hatten, auch Patriarch Bartholomaios, der einer der ersten orthodoxen Theologen war, die in Deutschland einen akademischen Grad an einer katholisch-theologischen Fakultät erwarben. Grigorios Larentsakis, emeritierter Univ.-Prof. für Orthodoxe Theologie in Graz und Mitglied der Pro Oriente-Delegation, war ab 1961 Student in Chalki, ab 1965 in Salzburg und Innsbruck und der erste Nicht-Katholik, der in Österreich zum Doktor der katholischen Theologie promoviert wurde. Was er über seine Studienzeit zu erzählen wusste, ließ diesen Ort auf besondere Art lebendig werden.

Das Besuchsprogramm der Reisegruppe, der u. a. auch Pro Oriente-Präsident Alfons M. Kloss, Metropolit Arsenios (Kardamakis) von Austria, Altäbtissin M. Perpetua Hilgenberg vom Nonnberg und Prof. Dietmar W. Winkler, der Vorsitzende der Pro-Oriente-Sektion Salzburg, angehörten, umfasste einen Besuch im St. Georgs-Kolleg und St. Georgs-Krankenhaus, beim Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I. im Phanar, wo nach der Mitfeier der Göttlichen Liturgie in der St. Georgs-Kathedrale die Delegation besonders herzlich empfangen wurde, beim armenisch-katholischen Erzbischof Lévon Boghos Zékiyan, beim armenischen Patriarchen Sahak II. (Mashalian) und beim syrisch-orthodoxen Metropoliten Mor Filuksinos Yusuf Çetin im Stadtteil Bakırköy, wo der 2019 begonnene erste Kirchenneubau in Istanbul seit 100 Jahren besichtigt werden konnte. (Gottfried Glaßner OSB)

Istanbul 2022
Die Teilnehmer der Reise vor dem Eingang zur Orthodoxen Akademiie – Foto: Stift Nonnberg / Archiv
Pro Oriente mit Erzbischof Lackner und Alterzbischof Kothgasser in Istanbul