(aus: Rundbrief 2013/2)

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Am 22. September 2012 waren bei Sonnenuntergang aus dem Garten Getsemani unterschiedliche kirchliche Gesänge zu vernehmen. Es klang so, als hätten sich alle Kirchen des Hl. Landes an diesem Samstagabend ein Stelldichein gegeben, denn P. Armando Pierucci OFM, Komponist und Titularorganist der Grabeskirche, hatte Gesänge der zwölf in Jerusalem vertretenen christlichen Kirchen mit ihren musikalischen Traditionen in seine „Eucharistische Symphonie“ hineinverwoben. Sein Werk sollte den Reichtum jeder einzelnen Kirche neu entdecken helfen, Vertreter der christlichen Kirchen als Akteure und Zuhörer zusammenführen und dem gemeinsamen Gebet um Versöhnung, Einheit und Frieden Stimme und Gehör verschaffen.

„Das oberste Ziel dieses Projekts ist ein besseres gegenseitiges Verständnis der westlichen und östlichen Kirchen… Durch die universale Sprache der Musik sollen alle Christen in ihrem Glauben fest verankert bleiben. Die Symphonie versteht sich auch als gemeinsames christliches Zeugnis vor der Gemeinschaft der Nationen, und als Aufruf zum Respekt vor der Religionsfreiheit, welche immer noch in vielen Ländern der Erde bedroht ist. Sie ist Ausdruck der Solidarität des Leibes Christi mit seinen leidenden (Mit)Gliedern.“ (Amelie de la Hougue)

Das Konzert wurde live in sechs verschiedenen Sprachen von mehreren TV-Stationen weltweit übertragen. Es begann mit einer Gebetswache am hl. Grab…

Am Samstag, 19. November 2005, zwischen 19 und 23 Uhr haben sich einige Laien den Vertretern von zwei italienischen Mönchsgemeinschaften angeschlossen, die jeweils um diese Zeit Gebetswache in der Grabeskirche halten. Das war die Initialzündung für die Einrichtung eines außerordentliches Gebetes aller Kirchen für Versöhnung, Einheit und Frieden.

Jerusalem präsentiert sich heute als eine Stadt der hohen und breiten Mauern, eine Stadt der Spaltungen. Und doch wäre sie als „Mutter aller Kirchen“, die auf das Pfingstereignis zurückgehen, geradezu prädestiniert, einen neuen Weg der Einheit einzuschlagen. Nirgends sonst leben die christlichen Kirchen auf so engem Raum zusammen. Nirgends sonst ist die Gelegenheit, einander zu begegnen, sich kennen zu lernen und gemeinsam zu beten, so präsent. Hat Christus nicht selbst Jerusalem als den Ort bezeichnet, wo die Apostel „den Heiligen Geist erwarten“ sollten (Lk 24,47)?

Das Vorbild für die Jerusalemer Gebetsinitiative ist das Friedensgebet, zu dem Papst Johannes Paul II. die Vertreter aller Weltreligionen nach Assissi geladen hat. Er war es auch, der mit Blick auf das Hl. Jahr 2000 – dem Jahr seines Epoche machenden Besuchs in Jerusalem und an der Klagemauer – eindringlich an die Berufung Jerusalems als „Friedensstadt“ appellierte: „Die Hl. Stadt, Mittelpunkt der christlichen Welt, aber auch gemeinsames Erbe aller monotheistischen Gläubigen, möge für alle Menschen guten Willens ein Kreuzweg des Friedens, ein leuchtendes, von Gott kommendes Friedenszeichen sein! Möge diese einzigartige Berufung der Heiligen Stadt über die ganze Region hinausleuchten…“

Die Gebetsinitiative zielt auf die Versöhnung, die Einheit und den Frieden innerhalb der christlichen Kirchen und zugleich – im Zeichen des gemeinsamen Gebets – auf die Versöhnung, die Einheit und den Frieden in der Welt, wie auch Christus selbst im hohepriesterlichen Fürbittgebet für „die Seinen“ zugleich die „Welt“ und „alle, die durch ihr Wort an mich glauben“ (Joh 17,20), im Auge hat. Die Einladung zum Jerusalemer Friedensgebet ergeht an alle, am Samstag um 19 Uhr im Hl. Land oder um 18 Uhr Lokalzeit auf der ganzen Welt, überall dort, wo Christen das Gebet um Versöhnung, Einheit und Frieden zu ihrem Anliegen machen, und sei es auch nur für eine Minute.

Zuletzt fand das Gebet aller Kirchen um Versöhnung, Einheit und Frieden am 10. Mai 2013 in der syr.-kath. Thomaskirche statt und wurde von S.E. Boutros Melki, syr.-kath. Patriarchalvikar von Jerusalem, geleitet.

Redigiert aus Texten auf der Homepage der Gebetsinitiative von P. Gottfried Glaßner.

Weitere Terminhinweise und Informationen auf: www.prayrup.info/de

Ökumenische „Klangwolke“ im Garten Getsemani