Ich begegnete Prof. Iso Baumer erstmals anlässlich der Generalversammlung der Catholica Unio 1996, die unter seiner Federführung als Generalsekretär in Salzburg abgehalten wurde. Die auswärtigen Teilnehmer waren damals im Kolleg St. Benedikt untergebracht, dem Studienhaus der deutschsprachigen Benediktiner. Auch 1999, als zum 75-Jahr-Jubiläum der Gründung der Catholica Unio in der Universitätsbibliothek eine kleine Ausstellung eröffnet wurde, kam er nach Salzburg. Für mich waren diese Begegnungen der Beginn einer engen freundschaftlichen Verbundenheit bis zuletzt – bis ihn die Kräfte verließen und er „in heiterer Gelassenheit sein Ende nahen fühlte“, wie Frau Prof. Barbara Hallensleben in ihrem Nachruf schreibt. Am 28. November 2021 verstarb er im Hospital in Riaz im Alter von 92 Jahren (* 4.4.1929).
Die umfangreiche publizistische Hinterlassenschaft von Iso Baumer – der 1999 zu seinem 70. Geburtstag erschienene Aufsatzband verzeichnet allein zwischen 1949 und 1999 mehr als 700 Veröffentlichungen – zeugt von einer erstaunlichen Vielseitigkeit und einem umfassenden Netzwerk von Gesprächspartnern. Zunächst widmete er sich der romanischen Sprach- und Literaturwissenschaft, wobei sich in seiner Spezialisierung auf das Rätoromanische seine Vorliebe für das „Kleinräumige“ und (anscheinend) Unbedeutendere bemerkbar machte. Die Aufmerksamkeit für die Ostkirchen, die ihn seit dem 20. Lebensjahr begleitete und ab 1980 in den Vordergrund trat, ist wohl ebenfalls diesem Charakterzug geschuldet. 15 Jahre lang hielt ihn das Standardwerk über Prinz Max von Sachsen in Atem, das in drei Bänden 1990, 1992 und 1966 erschien. Iso Baumer holte mit dieser Studie einen wegweisenden Kenner und Erforscher der Ostkirchen vor den Vorhang, der von 1900 bis 1911 an der Theologischen Fakultät, von 1921 bis 1951 an der Philosophischen Fakultät in Fribourg lehrte, und den Grundstein für die über 100jährige Tradition der Aufmerksamkeit für die Schwesterkirchen des Ostens an dieser Universität legte.
Es war der damalige Dogmatikprofessor Christoph Schönborn OP, heute Erzbischof von Wien, der Iso Baumer während seiner langen, durch die Redaktion des „Katechismus der Katholischen Kirche“ erzwungenen Abwesenheiten zum Lehrbeauftragten für Ostkirchenkunde nach Fribourg berief (bis zur Pensionierung 1999). Diese Lehrtätigkeit wie auch seine mit großem Engagement wahrgenommene Aufgabe als Generalsekretär der Catholica Unio Internationalis regte ihn zu einem weiteren wichtigen Werk über die Entwicklung der Sichtweise an, mit der man im Westen den Ostkirchen begegnete: Mit dem ekklesiologisch aussagekräftigen Titel „Von der Unio zur Communio“ publizierte er 2002 eine über 500 Seiten umfassende Darstellung der Geschichte der „Catholica Unio“ (1924–1999), die nach dem Ersten Weltkrieg zunächst ein eher fragwürdiges Konzept der „Mission“ der Ostkirchen propagiert hatte. (Gottfried Glaßner OSB)