Liebe Freunde des Andreas-Petrus-Werks!
Das Gedenken an den Ausbruch des Ersten Weltkriegs, der nach dem Attentat von Sarajewo am 28. Juni 1914 mit der Kriegserklärung Österreich-Ungarns an Serbien vom 28. Juli 1914 seinen Ausgang nahm, rückte in den vergangenen Wochen und Monaten den Balkan und die Nachfolgestaaten Jugoslawiens in das Blickfeld der Öffentlichkeit. Auch in dieser Rundbriefausgabe geht es um die Balkanländer. Allerdings ist hier nicht der Ort, Ursachen und Folgen der „Urkatastrophe“ des 19. Jahrhunderts zu thematisieren oder die höchst komplexe politische Entwicklung nach dem Zerfall Jugoslawiens darzustellen, sondern im Zentrum steht jene orthodoxe Schwesterkirche, in der sich in den letzten Wochen und Monaten ein bemerkenswerter Prozess der Erneuerung und Öffnung angekündigt hat: Die seit 2010 von Patriarch Irinej, Nachfolger des heiligmäßigen, vor genau 100 Jahren am 11. September 1914 geborenen und am 15. November 2009 verstorbenen Patriarchen Pavle, geleitete Serb.-orth. Kirche. Am deutlichsten ablesbar ist diese Öffnung und Erneuerung an der Neuordnung der Kirchenstrukturen in Mitteleuropa und vor allem an der dichten Abfolge von Amtseinführungen neuer Bischöfe.
Aus österreichischer Sicht ist natürlich die Inthronisation von Bischof Andrej in Wien von besonderem Interesse (20. Juli). Neben der Inthronisation von Metropolit Porfirije in Zagreb (13. Juli) kommt sie in diesem Rundbrief deshalb ausführlicher zu Wort. Darüber hinaus wäre noch hinzuweisen auf die am 7. September erfolgte Inthronisierung von Sergije (Karanović) im Maria Entschlafens-Kloster in Himmelsthür als Bischof von Mitteleuropa. Jovan (Ćulibrk), seit 2011 Vikarbischof des Patriarchen am Patrarchensitz in Peć, seit 2013 in Belgrad, seit 2012 Administrator der Diözese von Slawonien, wurde am 13.9. in Pakrac als Bischof von Slawonien inthronisiert. Er ist nicht nur ein herausragender Kenner des Judentums (Studien und Vorlesungstätigkeit in Jerusalem seit 2003) sondern auch ein anerkannter Militärexperte, der in der Kosovo-Krise als Vertreter des Patriarchen in Peć maßgeblich an den Verhandlungen zum Schutz der serbischen Bevölkerung in Metohija mitwirkte und u.a. vor kurzem eine Kooperation zwischen dem serbischen Militärarchiv und dem Archiv von Yad Vashem ins Leben gerufen hat.
Das Stichwort „Kosovo“ führt uns gewissermaßen ins Herz der Serb.-orth. Kirche, das nach den Ausführungen von Stefan Gugerel, dem Seelsorger für die österreichischen Soldaten der KFOR-Mission, vor allem im Patriarchenkloster Peć schlägt und – hier im Bild in die Grenzen des Kosovo eingepasst – im Kloster Dećani, nicht zu vergessen die Erinnerungskultur rund um die schicksalhafte Schlacht auf dem Amselfeld am Veitstag des Jahres 1389, in deren Gefolge die Osmanen die Oberhoheit über den Balkan gewannen.
Der Weg eines jungen Serben in das Benediktiner-Priorat von Maribor bringt einen anderen Aspekt ins Spiel: Dass Gottes Ruf zum Ordensleben die Mauern, die Menschen im Laufe der Geschichte zwischen den Kirchen errichtet haben, auf seine Weise überwinden kann, vielleicht eine prophetische Vorwegnahme gelebter Kircheneinheit und ein ökumenischer Beitrag zu dem von Papst Franziskus ausgerufenen „Jahr der Orden“.
Die Momentaufnahme zur Situation im Libanon und Syrien, die der syr.-kath. Weihbischof Flavien Joseph Melki übermittelt hat, und der Hinweis auf die „Initiative Christlicher Orient“, die seit 25 Jahren den Christen im Orient eine Stimme gibt und zuletzt die Hilfe für den Nordirak koordiniert, rücken jenen Krisenherd ins Blickfeld, in dem die Not der Menschen, besonders der Christen, zur Zeit wohl am dringendsten unserer Solidarität bedarf.
Mein Dank gilt Ihnen, liebe Freunde des Andreas-Petrus-Werks, die Sie durch Ihre Gabe, z.B. für das Internat von Weihbischof Melki oder für die Waisenkinderprojekte in der Ukraine und im St. Elisabeth-Kloster in Minsk, durch Übermittlung von Messintentionen für die Priester im Osten und im Orient oder durch Ihr Gebet immer wieder geholfen haben und – so hoffe ich – auch weiterhin unsere Arbeit und unsere Hilfsprojekt unterstützen. Möge der dreifaltige Gott Ihr offenes Herz segnen!
P. Gottfried Glaßner OSB