Liebe Freunde des Andreas-Petrus-Werks!

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Im Oktober 2010 traf das von Kardinal Leonardo Sandri, dem Präfekten der Ostkirchenkongregation in Rom, gezeichnete vatikanische Schreiben in Salzburg ein, mit dem mir das Amt des Generalpräsidenten der Catholica Unio anvertraut wurde. Neu und überraschend an dieser Ernennung ist, dass nun erstmals ein Nicht-Schweizer dieses Amt bekleidet. Denn P. Augustin von Galen OSB, der das Ostkirchenwerk im Jahr 1924 in Wien gegründet hatte, verlegte den Sitz des Generalsekretariats alsbald nach Freiburg in der Schweiz. So war seit den Anfängen dieses Amt zumeist mit dem Bischofssitz von Genf-Lausanne-Fribourg gekoppelt. Mein Vorgänger Mons. Pierre Bürcher wirkte als Weihbischof in dieser Westschweizer Diözese. Er wurde im Oktober 2009 zum Bischof von Reykjavik berufen.

Bei den Konferenzen der Vorstandsmitglieder und Diözesanreferenten des Andreas-Petrus-Werks sowie bei den jährlichen Generalversammlungen der Catholica Unio auf internationaler Ebene
habe ich in der Funktion des Nationalpräsidenten für Österreich (seit 2004) das vielfältige Engagement dieses Hilfswerks im Dienst der Einheit der Kirchen in Ost und West näher kennen und schätzen gelernt. Schon auf nationaler Ebene (in Österreich) sah ich meine Hauptaufgabe darin, dieses Engagement zu fördern, eine gute Gesprächsbasis mit den durchwegs ehrenamtlichen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen zu erhalten und durch Kontakte mit den Vertretern der Ostkirchen vor Ort wie auch vor allem durch Pilgerreisen in die Länder des Christlichen Ostens und des Orients ein Klima des gegenseitigen Vertrauens zu schaffen. In meiner neuen Funktion möchte ich die Koordination der Ostkirchenarbeit zwischen den Landessekretariaten in Deutschland, Österreich und der Schweiz wie auch die internationale Zusammenarbeit mit Einrichtungen und Werken, die ähnliche Ziele verfolgen, intensivieren. Erste wichtige Kontakte in dieser Richtung fanden im Jänner 2011 in Deutschland (Würzburg und Augsburg) statt.

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Generalversammlung der Catholica Unio 2010 im Benediktinerkloster Mariastein, Schweiz: Zu Gast in der griech.-orth. Kirche der Weisheit Gottes in Münchenstein. V.l.n.r.: Großarchimandrit Felix Dillier, DDr. Johann Krammer, Eb. Dr. Alois Kothgasser, V. Ilias Papadopoulos.

Ein Schlüsselerlebnis für die herausragende Bedeutung, die der geschwisterlichen Begegnung auf dem Weg zur Kircheneinheit zukommt, war die Mitfeier des orthodoxen Osterfestes im April 2008 in Moskau. Gemeinsam mit der Pro Oriente Delegation aus Salzburg durfte ich die nächtliche Osterliturgie in der Erlöserkirche erleben. Der herzliche Empfang, den uns der kurz vor seinem geplanten
Österreich-Besuch im Dezember 2008 verstorbene Patriarch Aleksij II. gewährte, die Begegnung mit dem damaligen Leiter des Außenamtes des Moskauer Patriarchats und nunmehrigen Patriarchen Kirill, der Besuch in Sergiev Posad, dem für die Russische Orthodoxe Kirche so bedeutsamen geistlichen Zentrum, und die vielen Kontakte mit Journalisten, Professoren, Künstlern, Mönchen und Nonnen sowie karitativen Einrichtungen bleiben mir unvergesslich. Es ist mir eine große Freude, dass die Erinnerung an diese Tage in Moskau jetzt auch in Form eines kleinen Büchleins weiterlebt, das aus einem Gespräch mit Prof. Evgenij Verešcˇagin während des Moskau-Aufenthalts hervorgegangen ist. Dank der geduldigen Übersetzerdienste von Mag. Josef Huber-Germanstatt
und der guten Beziehungen von DDr. Johann Krammer zur Russischen Orthodoxen Kirche konnte es mit dem Segen von Metropolit Hilarion (Alfeev), Leiter des Moskauer Außenamtes, und in vollem Einvernehmen mit Erzbischof Paolo Pezzi von Moskau, im Verlag des Moskauer Patriarchats in russischer Sprache erscheinen. Das Zusammenwirken der beiden Kirchen im Vorfeld dieser Publikation, die auch darin dokumentiert ist, dass sowohl Metropolit Hilarion als auch Erzbischof Pezzi ein Vorwort verfasst haben, ist wohl die schönste Frucht dieser Pilgerreise. Zur Generalversammlung der Catholica Unio vom 27. bis 30. Oktober 2010 in Mariastein hat DDr. Krammer das mit einer persönlichen Widmung von Metropolit Hilarion versehene Exemplar mitgebracht. Ein besonderer Dank gilt auch Äbtissin M. Perpetua Hilgenberg vom Stift Nonnberg für die Bereitstellung der Fotos, die die Höhepunkte der Reise auch im Bild festhalten.

Zuvor im Dezember 2006 ergab sich bereits die Gelegenheit, gemeinsam mit Bischof Manfred Scheuer und einer Delegation aus Salzburg und Tirol den Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I. an seinem Amtssitz in Istanbul zu besuchen, und im September 2010 folgte mit der Reise der Salzburger Pro Oriente-Delegation nach Armenien, von der in der letzten Ausgabe des Rundbriefs berichtet wurde, eine weitere höchst interessante Begegnung mit einer uralten, aber sehr lebendigen christlichen Tradition des Orients. Gern gebe ich den kulturellen und spirituellen Reichtum, der sich
mir auf diesen Reisen erschlossen hat, weiter und hoffe, dass ich auf dieseWeise die Liebe zu den Ostkirchen wecken und vertiefen kann.

Vor kurzem (vom 10. bis 14.1.2011) war eine hochrangige Delegation der Syr.-orth. Kirche, unter ihnen als Vertreter des Patriarchen Mor Philoxenus Mattias Nayis, ferner Mor Polycarpus Augin Aydin (Niederlande), Chorepiskopus Kerim Asmar (Schweiz) und Chorepiskopus Dr. Emanuel Aydin (Wien), nach Salzburg gekommen, um Möglichkeiten einer engeren Zusammenarbeit auf dem Gebiet der theologischen Ausbildung zu erörtern. Dr. Aho Shemunkasho, Ass.-Prof. am Fachbereich Bibelwissenschaft und Kirchengeschichte der Kath.-Theol. Fakultät der Universität Salzburg, hat das von Gesprächen mit Politikern, Wissenschaftlern und Vertretern der Kirche dicht gefüllte Besuchsprogramm zusammengestellt. In den insgesamt sechs Stunden, in denen ich mich dem Gespräch mit den Mitgliedern der Delegation widmen konnte, wie auch beim Ökumenischen Empfang am 12.1., zu dem sie als Gäste von Pro Oriente in das Kardinal-Schwarzenberg-Haus geladen waren, gewann ich die Überzeugung, dass die vielfältigen Begegnungen auf Salzburger Boden, u.a. im Stift Nonnberg (Foto), in der Erzabtei St. Peter, im Franziskanerkloster, in Maria Plain und bei einer ökumenischen Vesper in der Pfarre Leopoldskron-Moos, einen sehr guten Eindruck hinterlassen haben und ein echter „Qualitätssprung“ in den Beziehungen zwischen den Schwesterkirchen stattgefunden hat.

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Syr-orth. Delegation im Stift Nonnberg. V.l.n.r. Chorepiskopus Kerim Asmar (Schweiz), Eb. Mor Philoxenus Mattias Nayis (Damaskus) Eb. Mor Polycarpus Augin Aydin (Niederlande), Äbtissin M. Perpetua, Chorepiskopus Dr. Emanuel Aydin (Wien), Gabriel Malas (London), Sr. Eva Maria.

Ich bin mir bewusst, dass eine so positiv verlaufene ökumenische Begegnung eine intensive Vorbereitungsphase voraussetzt – dafür ist besonders Dr. Shemunkasho zu danken – aber auch ihre Vorgeschichte hat: In Österreich wurde 1555 die erste syrische Bibel gedruckt. Von Österreich, konkret von Prof. Dr. Hans Hollerweger in Linz, ging die entscheidende Initiative zur Rettung des Tur Abdin, des „hl. Berges“ der Syr.-orth. Kirche, aus. Die wissenschaftliche Beschäftigung mit den Kirchen der syrischen Tradition hat in Salzburg eine lange Tradition und ist heute bestens verankert. Ich darf an dieser Stelle auch erwähnen, dass die Erzdiözese Salzburg durch die Unterstützung von Stipendiaten aus den orientalisch- orthodoxen Kirchen in gewisser Weise Vorarbeit geleistet hat. So freue ich mich besonders darüber, dass Fr. Jomy Joseph, Priester der Syr.-orth. Kirche von Malankar und Stipendiat der Erzdiözese Salzburg im Kolleg St. Benedikt, mit einer Dissertation über den ökologischen Ansatz in der Theologie des hl. Ephräm sein Doktoratsstudium in Salzburg erfolgreich abschließen konnte. Am 4. April werde ich im Verlauf einer von der Caritas Salzburg organisierten Reise nach Syrien mit S.H. Mor Ignatius Zakka I. Iwas, Patriarch der Syr.-orth. Kirche, in der dem hl. Ephräm geweihten Residenz Maarat Sayednaya in der Nähe von Damaskus zusammentreffen. Ich hoffe, dass diese Begegnung die Beziehungen zwischen unseren Kirchen weiter festigt. Ich bin dankbar für die vielfältigen Bemühungen um einen fruchtbaren Austausch zwischen den Kirchen in Ost und West, wie er nicht zuletzt in diesem Rundbrief dokumentiert ist. Ich möchte Ihnen, liebe Freunde des Andreas-Petrus-Werks, in diesen Tagen der österlichen Bußzeit aber umso mehr ans Herz legen, das große Anliegen der Ökumene nicht aus den Augen zu verlieren und durch Ihr Gebet, Ihr Interesse, Ihr Mitdenken und durch Ihre Solidarität mit jenen Christen im Osten und im Orient, die auf unsere Hilfe angewiesen sind, mitzuhelfen, dass das Licht der Auferstehung unsere Welt zum Leuchten bringen kann.

+ Alois Kothgasser

Generalpräsident der Catholica Unio

Aus dem Rundbrief 2011/1